Ein Trauma ist ein Einbruch in die Grenzen von Menschen, die darin eine existenzielle Bedrohung erleben, was zu einem überwältigenden Gefühl der Hilflosigkeit führt.
Neugeborene und Kinder sind existenziell abhängig von ihren Bezugspersonen und insofern besonders sensibel.
Ein Neugeborenes ist plötzlich aus dem geborgenen Mutterleib hinaus katapultiert, von der Nabelschnur getrennt, an die neu erfahrene, grenzenlose Luft gesetzt, atmet, schreit, kann sich weder fortbewegen noch ernähren - der Abhängigkeit i.d.R. von seiner Mutter, später auch von anderen Bezugspersonen, ausgesetzt.
Das hier beschriebene "Geburtstrauma" hat somit jeder Mensch erlebt und seine seelische körperlich und geistige Entwicklung hängt sehr stark davon ab, wie sensitiv er spätestens ab diesem Zeitpunkt behandelt wird. (Es ist außerdem bekannt, dass mit dem engen Kontakt zur Mutter während der Schwangerschaft bereits Prägung passiert, die sich auf die Gehirnentwicklung des Kindes auswirkt.)
Die Reaktion auf ein traumatisches Ereignis ist instinktiv, unterliegt also keinem bewussten Handeln.
In der Psychologie wird Schock- und Entwicklungs- oder auch Bindungstrauma genannt, unterschieden.
Das oben beschriebene Geburtstrauma ist ein "Schocktrauma".
Ich gehe des Weiteren hier auf Bindungstrauma und ihre Folgen ein, das ein Mensch im Laufe der ersten Lebensjahre als Säugling, in der Kindheit und Jugendzeit erfahren kann.
Ein Bindungstrauma entsteht, wenn ein Kind z.B. Vernachlässigung (beispielsweise aufgrund von Alkoholsucht oder anderen bzw. weiteren psychischen Störungen der Bezugspersonen), Missbrauch, hochstrittige Eltern oder anderem chronischen Stress erfährt und keine Möglichkeit hat, diese lebensbedrohlich (anmutenden) Situationen zu verarbeiten. Stattdessen entwickelt es, aufgrund des wiederkehrenden Fehlverhaltens der vermutlich ebenfalls traumatisierten Bezugspersonen, Strategien, um die Situationen zu überleben. Das hört sich im Ohr des Lesers/der Leserin möglicherweise zu dramatisch an, sodass er/sie glaubt, es träfe keinesfalls auf ihn/sie zu. Es ist wichtig, sich klar zu machen, dass ein Kind (je jünger es ist) nicht die Übersicht der Eltern hat. Es ist (und fühlt sich entsprechend) existenziell abhängig und kann Situationen nicht, wie die Erwachsenen überblicken. Das Verhalten der Eltern wird unkritisch und ungefiltert an- und aufgenommen. Das Kind schützt sogar das Fehlverhalten der Bezugspersonen, die ihm schaden, da es sie annimmt/liebt und auf sie angewiesen ist. Passiert Leid, übernimmt es unbewusst Verantwortung! Die Möglichkeit, dass seine Eltern falsch liegen könnten, ist nicht im Erleben eines Kindes vorhanden.
Auch andere, auf den ersten Blick harmlos wirkende Verhaltensweisen, von Seiten der Bezugspersonen wiederholt vollzogen, können das Kind in seiner Existenz, d.h. in seinem "Sosein", in Frage stellen: Beschämung, indem Gefühle und/oder Interessen des Kindes nicht gesehen, anerkannt oder gar verurteilt werden, wirken tief. Sie erzeugen Verwirrung und Unsicherheit im Kind. Es kann sich selbst nicht erkennen, Teile von ihm bleiben somit unentdeckt, andere Teile muss es, um in seiner Welt zu überleben, verleugnen.
Um Hinweise zu erhalten, ob bzw. wie stark Sie von Trauma betroffen sind, können Sie sich folgende Fragen stellen:
1. Fühlen Sie sich einer Gruppe, einem Ort, Menschen zugehörig?
2. Wie gut können Sie allein sein genießen?
3. Wie tief lassen Sie sich auf Beziehung ein?
4. Wie dramatisch erleben Sie Konflikte mit Ihrer/Ihrem PartnerIn, KollegIn, FreundIn?
5. Was sind Auslöser, die Sie und Ihr(e) PartnerIn in ungelöste Streitigkeiten bringen?
6. Wie schnell/wie plötzlich geraten Sie in diese Streitigkeiten?
7. Wie stark erleben Sie den Kontrast zwischen Einheits- und Getrenntheitsgefühlen mit Ihrer/Ihrem Partner/Partnerin?